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  • Ein wundersames Erlebnis in der Schweiz


    Sonnenschein und bedeckter Himmel wechselten sich während unseres Aufenthaltes in der Schweiz ab. Das von uns für vier Personen mit einem Welsh Terrier gemietete Quartier lag an einem abschüssigen Hang oberhalb des Walensees. Ein Idyll. Die Grenzen des dazu gehörenden Geländes mit seinen riesigen Ausmaßen kennt nur der Eigentümer. Kein Zaun versperrte unsere Bewegungsfreiheit. Ein ideales Gelände zum Austoben und Spielen für einen zweijährigen Terrier.

    Zuhause in unserem Wohngebiet ist er, bedingt durch viele Parkanlagen und die gesetzlichen Bestimmungen, sozusagen an der Leine groß geworden. Die ihn dort nun umgebende Flora war genau das Richtige für unseren Hund. Das Lieblingsspiel der Hunde, einem geworfenen Ball hinterher jagen und ihn zurückbringen, gehörte mit zur besten Unterhaltung. Wir kennen es alle. Natürlich verlängerte sich die Entfernung des geworfenen Balles und folglich auch die Zeit der Ablieferung. Oft rollte der Ball selbstständig weiter und blieb irgendwo im Unterholz liegen.

    Wir waren jedes Mal froh darüber, wenn unser Hund keuchend mit dem Ball in der Schnauze bei uns oben ankam. Es waren sehr schöne, ja sogar erholsame Tage, die wir verbrachten. Unser „Picco“ folgte uns, wohin wir auch gingen. Eben ein Rudeltier, so dachten wir.

    Dann kam der Tag

    Es war der vorletzte Tag unseres Urlaubs, an dem eine Wandergruppe etwa vierzig Meter entfernt von uns vorbeizog.

    Diese fröhliche Gesellschaft inspirierte wohl unseren „Picco“ dermaßen, dass er sich entschloss, sich dem größeren Rudel anzuschließen. Wir beobachteten diesen Vorgang mit Entsetzen. Unser Rufen, Pfeifen und sonstige Bemühungen ignorierte er. Zwar blieb er kurzzeitig stehen und schaute nach uns, doch unbeirrt trabte er mit der größeren Gruppe weiter.

    Da sich dieses noch vor dem Frühstück abspielte und wir in Hausschuhen vor dem Haus saßen, erkannten wir eine sofortige Verfolgung im morgendlichen nassen Gras als sinnlos. Schnell zogen wir uns an, um den Weg der Gruppe zu verfolgen. Unsere Hast war vergebens. Sie war längst über alle Berge. Da unser Sohn und sein Freund schon am Abend zuvor diesen Wanderweg geplant hatten, begaben sie sich jetzt, zusätzlich mit der Leine ausgerüstet, auf die Suche. In der Zwischenzeit suchten wir, Frauchen und Herrchen getrennt, die nahe Umgebung ab. Durch ein vielfaches Echo von Hundegebell wurden wir oftmals auf die falsche Fährte gelockt. Erschöpft trafen wir uns wieder im Quartier.

    Wir meldeten das Abhandenkommen unseres Hundes der nächsten Polizeistation. Die Beschreibung und Kennzeichnung wurden dem Heimtierausweis entnommen und zur Fahndung vorbereitet. Die beiden mit der Leine Ausgerüsteten trafen tatsächlich die bei uns vorbeigezogene Wandergruppe.Nach Befragung erhielten sie die Auskunft, dass ein kleiner Hund sie bis zur Überquerung eines Flusses begleitet habe, aber am Anfang einer Brücke stehen geblieben sei. Die Gruppe wanderte jedoch weiter und verlor den kleinen Hund aus den Augen.

    Unsere Beiden beratschlagten und schlugen einen Weg ein, der letzten Endes zum Erfolg führte.

    In dem Ort Quinten, der etwa zwölf Kilometer von uns entfernt war und stark von Touristen aus aller Welt frequentiert wird, geschah etwas Sonderbares.Trotz der vielen Sehenswürdigkeiten im Ort entdeckte unser Sohn im Schaufenster einer Weinhandlung einen kleinen handgeschriebenen Aushang: "Gefunden ein verlorener kleiner Hund, Auskunft im Weinkeller."

    Er stellte der freundlichen Weinhändlerin die Frage: „Bitte, sagen Sie mir, wie lange hängt dieses Schild schon in Ihrem Schaufenster?“ Sie sagte: „Wir haben es eben erst herausgehangen!“

    Nach einer abverlangten Beschreibung wurde der „Entlaufene“ von der Weinhändlerin gezeigt. Unser „Picco“ lag im Innenhof der Weinhandlung angeseilt unter einem Baum und schlief.

    Streicheleinheiten brachten ihn wieder auf die Beine. Aber er humpelte. Seine Pfötchen waren geschwollen und durchgelaufen, eine kleine Risswunde behinderte ihn sichtbar. Mit einem Linienschiff fuhren sie in Richtung unseres Quartiers. Den letzten Weg bergan überstand „Picco“ nur durch teilweises Getragen werden. Erst gegen 20 Uhr konnten wir unser Hundchen entgegennehmen. Er humpelte uns mit ganz leichtem Wedeln des Schwanzes entgegen und verschlang das bereitgestellte Fresschen, trank mehr als üblich und verschwand lautlos auf seinen Schlafplatz.

    Erst nach über zwölf Stunden wurde er wach. Scheinbar erinnerte er sich an uns und wusste, dass es bei Frauchen und Herrchen doch am schönsten ist. Oder?

    Wir danken dem Polizeiposten in dem Ort Schänis für seine Bereitschaft zur Herausgabe einer „Fahndung“ und vor allen Dingen der Weinhändlerin in Quinten.

    Von VERITAS-Kunde
    Dieter Thiel, Berlin